Sonntag, 6. November 2005

Eindrücke der letzen Literaturstunde

Die Stunde begann mit einem Video von Rammstein „du riechst so gut“.

Dieses Video enthielt Elemente aus dem Märchen „Rotkäppchen“. Hier muss nicht unbedingt die Version der Gebrüder Grimm zu Grunde gelegen haben. Es orientierte sich vielleicht inhaltlich eher an der französischen Originalversion von Perrault, die allerdings nur wenigen Leuten bekannt ist.

Das Böse bzw. die Triebhaftigkeit wird in allen drei Fällen (Grimm – Perrault – Rammstein) durch den Wolf symbolisiert. Bei Rammstein dominiert es das Video und übt durch seine erotisch sinnliche Verpackung eine starke Anziehung aus. Die Figuren handeln instinktiv – sind auf ihre Sinneswahrnehmung – hier der Geruchssinn - reduziert „du riechst so gut“. Sie verhalten sich eher wie Tiere als Menschen.

Das Video war meiner Meinung nach sehr schön in Szene gesetzt – über die Musik von Rammstein mag man sich streiten – für mich waren Musik und Video eine Einheit. Das Ende des Videos hat auf mich eher bedrückend gewirkt.

So habe ich mir die Zuwanderung von Wölfen nicht vorgestellt!!!

Es mag aber von anderen Zeitgenossen durchaus als amüsant wahrgenommen worden sein.

Die darauffolgenden Ausschnitte aus der Jin-Version von Rotkäppchen habe ich als extrem bedrückend empfunden. Hier war die Schnittmenge zwischen der Grimmversion und dem Jin Märchen verschwindend klein – verzerrt und entstellt. Ein gemeinsames Element, das in auch in vielen traditionellen Märchen zu finden ist, sind die Tiere, die als Medien zur Übermittlung von Informationen bzw. Botschaften benutzt wurden. Ganz besonders schlimm fand ich in diesem Zusammenhang, dass das Mädchen laut übermittelter Botschaft das Blut seiner Mutter trank und das Fleisch ihrer Mutter aß. Wenn das ein biblischer Bezug sein sollte – so ist er ziemlich geschmacklos ausgefallen.

Interessant ist jedoch, dass das Blut bei Rammstein und auch in der Jin-Version eine große Rolle spielt und vielleicht auch eine direkte Assoziation nicht nur zum Plot sondern auch zur roten Kappe im Märchen „Rotkäppchen“ darstellt. Vielleicht ist die Kappe im Märchen allein durch die Tatsache, dass sie rot ist schon Unheil bringend, so wie der Wunsch der Mutter bei Schneewittchen nach einem Mund so rot wie Blut, seine Schatten bereits zu Beginn des Märchens vorauswirft.

Bei vielen Grimms Märchen ist der Bezug zur Bibel in der Blut auch eine wesentliche Rolle spielt, beabsichtigt. Dort wird im Gegensatz zu Perrault der christliche Wert der göttlichen Gnade vermittelt. In Grimms „Rotkäppchen“ gibt es das Eingreifen von außen, quasi durch eine Art höhere Macht, die nicht von Anfang an Bestandteil der Geschichte ist. Sie schaltet sich dann ein, wenn die Hauptfigur entweder durch eigenes Verschulden oder durch eine Bedrohung durch andere Figuren im Märchen in Gefahr gerät. Im Fall Rotkäppchen hat sich die Protagonistin der Autorität der Mutter widersetzt, sie ist vom Weg abgekommen. Als Konsequenz ihres Ungehorsams bzw. als Konsequenz ihrer eigenen Triebhaftigkeit gerät sie in Schwierigkeiten. Bei Perrault bezahlt sie den Fehltritt mit ihrem Leben und mit dem Leben der geliebten Großmutter. Bei Grimm wird sie durch das Einwirken von außen – hier ist es der Jäger, der hier für das Eingreifen Gottes steht – gerettet. Weder bei Perrault, noch bei Rammstein oder der Jin-Version gibt es Rettung für die Hauptpersonen. Sie sind dem Bösen gnadenlos ausgeliefert.

Die Frage: „konnte Rotkäppchen in den uns bekannten Versionen dem Wolf überhaupt widerstehen?“ müsste vielleicht auch einmal näher betrachtet werden. Bei Grimm und Perrault argumentiert der Wolf sehr nachvollziehbar. Das Wetter ist schön, die Vögel singen und die Blumen blühen. Welche Großmutter freut sich nicht über einen Strauß Blumen? Ich bin der festen Überzeugung, dass Rotkäppchen dem Wolf unter keinen Umständen widerstehen konnte. Weder bei Perrault noch bei Grimm. Auch in der Rammstein- und Jin-Version übt das Böse schon durch seine äußere Verpackung eine derart starke Anziehung aus, dass es unmöglich ist, ihm zu entkommen. Allerdings gibt es hier keinerlei Rettung für Rotkäppchen. Rettung gibt es nur bei der Grimmversion.

Auffällig war bei der Jin-Version, dass Menschen mit Menschen konfrontiert wurden, die wie Menschen aussahen, aber innerlich wie Tiere bzw. Raubtiere sein sollten. Für diese Menschen schien es erstrebenswert zu sein, wie ein Raubtier zu handeln - wie ein Raubtier zu empfinden und sich nur auf seinen Instinkt reduziert zu verhalten. Für sie stellten menschliche Gefühle eine unglaubliche Gefahr dar. Die größte denkbare Gefahr überhaupt. Vermutlich haben sie begriffen, wie gefährlich Gefühle sein können und haben deshalb ganz bewusst keinerlei Emotionen zugelassen. Und wenn, dann nur die negativen. Die positiven: Zuneigung oder Liebe schienen absolut unerwünscht zu sein. Es ging sogar soweit, dass eine der Hauptfiguren sterben musste, weil sie sich verliebt hatte und dieses Gefühl für ihr Gegenüber eine so starke Bedrohung darstellte, dass er sie tötete.

Was vielleicht auch gar nicht so dumm war, denn schließlich ist nichts so gefährlich und so sehr von Konsequenz wie die Liebe. Es ist bestimmt realistischer und sicherlich auch vernünftiger vielleicht sogar gesünder sich ausschließlich auf die Physis zu beschränken, i.e. zu funktionieren und dem Instinkt mehr Raum zu geben als Gefühlen, die unter Umständen sehr schmerzlich sein können.
Schaeferklaus - 7. Nov, 08:09

Mein Senf dazu...

Mit freude habe ich gesehen/gelesen das du dir richtig mühe gegeben hast mit der HAusaufgabe. Interessante Ansichten und gedacnkengänge . es hat viel 'Spass gemacht dem zu folgen, auch wenn ich die klassische aufteilung von Gut und Böse nicht für mich gewinnen kann! wer sagt denn immer das der Wolf der Böse ist? immerhin ist die Einteilung von GUt und BÖSE eine Erfindung der Menschheit und kommt nirgens sonst inder Natur vor. Das stellt das Menschliche Wertesysthem meinermeinung nach doch etwas in
Frage. Aber das ist ein anderes und vorallem sehr weites Feld.

-Fischkopp-

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